Heute ist der 31. Oktober 2017.

Es ist der letzte Tag des 500-jährigen Reformationsjubiläums.

Im Fernsehen läuft u.a.: "L-U-T-H-E-R, Luther, Luther. Luther - Das Projekt der 1000 Stimmen".

Ich fasse meine Gedanken zusammen in einem Leserbrief:

„Da gibt es nichts zu feiern!“
Ich denke über das Reformationsjubiläum und Luther so, weil durch Luthers Judenhass sich das Verhältnis unserer Kirchen zum Judentum verschlimmert hat. Luther war als Erneuerer der Kirche, als Bibelübersetzer, als Liederdichter auch Antisemit. Deshalb sind seine gesamte Theologie und seine Sicht des Judentums durchdrungen von seinem Judenhass. Luthers Antisemitismus ist szs. der Geburtsfehler der Evangelischen Kirche. Ich gehöre dieser an. Bald ist wieder die Erinnerung an die Pogromnacht des 9. November: „An Luthers Geburtstag brannten die Synagogen“, das Gedenken an den eigenen „giftig-kalten protestantischen Antisemitismus“ der Kirchen der Reformation. Deshalb fehlten unseren Kirchen alle theologischen und ethischen Maßstäbe zur Abwehr des mörderischen Nazi-Antisemitismus.
Erst nach dem Holocaust begannen die Kirchen sich zu hinterfragen und arbeiten nun an einer grundlegenden Erneuerung christlichen Denkens und Redens über das Judentum und Israel.
Gott sei Dank hat die EKD im Nov. 2015 und 2016 zwei wichtige „Kundgebungen“ formuliert: 1) Sie distanziert sich von Luthers Antisemitismus, weil dieser „im Widerspruch zu dem Glauben an den einen Gott“ stehe und 2) Sie distanziert sich von Judenmission, weil „Gott selbst sein Volk Israel die Vollendung seines Heils schauen lassen“ werde.
Was ist davon wirklich bekannt geworden und Bestandteil christlicher Predigt und Glaubens? Wenn ich z.B. in den Gemeindebrief meiner Evangelischen Gemeinde sehe (und das ist wohl überall so!), dann muss ich feststellen: Nichts!
Es bleibt noch sehr viel zu tun. Uns Christen ist die im Neuen Testament angelegte Wertschätzung des Alten Testaments abhandengekommen. Die möchten wir bitte wieder in unseren Herzen finden. Begegnungen und Gespräche zwischen Christen und Juden helfen uns dabei. Ich bin auch überzeugt, dass der schwindende Zugang unserer Kirchen zu den Menschen dadurch eine Umkehr erleben kann.


Johannes Merker, Deizisau